K. 118: von der Lagerhalle zum Pionierprojekt

In unserem Artikel «Zirkuläres Bauen» haben wir zuletzt das Prinzip der Kreislaufwirtschaft im Bauwesen erläutert. Der Kopfbau Halle 118 in Winterthur setzt 2021 dieses Prinzip in die Realität um. Lassen Sie sich inspirieren – von der Geschichte des K. 118.

Minimalinvasiver Ansatz

Eine ehemalige Halle der Sulzer Modellschreinerei, mitten auf einem Lagerplatz in Winterthur. Dabei eine Bauherrin mit einer Vision: Die Stiftung Abendrot, eine Pensionskasse mit nachhaltiger Anlagestrategie, verfolgt einen ausgesprochen materialschonenden Ansatz: Reparieren statt Austauschen und neue Stockwerke aus Sekundärrohstoffen. Das soll das baubüro in situ gemeinschaftlich mit weiteren Partnern auf der 1266 m2 grossen Fläche wahr werden lassen.

Vom Baustoff zum Entwurf – Planung mal umgekehrt

Die Schweizer Architektin Barbara Buser hat viele Jahre Projekte in Tansania und dem Sudan begleitet. Sie war eine der vier Hauptbeteiligten beim Projekt K. 118 und war Gastprofessorin an der ETH Zürich. Von Land zu Land und von Kontinent zu Kontinent variiert der Wert von Materialien. So sind beispielsweise ausrangierte Autoteile von VW in afrikanischen Ländern ein begehrtes Gut. Das Baumaterial als Rohstoff zu betrachten und wertzuschätzen ist ein Grundsatz des zirkulären Bauens.

Um Sekundärrohstoffe einzusetzen, muss der Planungsprozess umgekehrt werden: Es gilt, erst Altmaterialien aufzutreiben und diese zu erfassen, bevor der Entwurf- und Montageprozess beginnen kann. So müssen die Planerinnen und Planer stets agil in ihrer Vorstellung bleiben, da sich mit laufender Materialsammlung auch die Möglichkeiten des Endproduktes stetig verändern. Die Bauteile werden anschliessend penibel ausgemessen und katalogisiert. So entsteht in einem ständigen Abwägen schliesslich der finale Entwurf.

Urban Mining: alte Strukturen als Materialdepots

Das 2,257 Mio. CHF schwere Bauprojekt wurde 2021 fertiggestellt. Es umfasst vier neue Geschosse, auf denen zwölf Ateliers und Denkstuben sowie ein Tüftlerlabor, mit Werkstatt im EG und im Zwischengeschoss, Platz finden.

Das Stahltragwerk der Aufstockung stammt aus einem ehemaligen Verteilerzentrum einer Supermarktkette in Basel. Die Planung sah zwar eine formgleiche Aufstockung vor, das Stahltragwerk wies aber eine Abschrägung an der Südostfassade auf. Ab dem 4. Geschoss kragt der Kopfbau daher aus und vollendet dabei eine arealinterne Flucht, die in den unteren Geschossen durch den Verlauf eines Industriegleises unterbrochen ist. Wieso entschieden die Architekten dennoch, das Stahlskelett in seiner originalen Form einzusetzen?

Ein Bauteil anzupassen ist weitaus schwieriger, als die Idee zu adaptieren.

Marc Angst

„Ein Bauteil anzupassen ist weitaus schwieriger, als die Idee zu adaptieren», fasst Marc Angst, der an diesem aussergewöhnlichen Projekt mitwirkt, eines der Konstruktionsprinzipien im zirkulären Bau zusammen. So kommt es, dass die von einem Züricher Bürogebäude stammende Aussentreppe aus Stahl schliesslich die Höhe der sechs Geschosse vorgibt. Wo es in so einer Konstruktion starre Elemente gibt, wie das Tragwerk oder die wieder verwendeten Fenster, braucht es adaptierbare Teile wie Stroh, die ohne Materialverlust passgenau eingearbeitet werden können. Das Stahlskelett wird mit unbehandelten Strohballen aus konventioneller Getreideernte ausgefacht, die innen gleichzeitig als Putzträger für den Lehmputz aus einer nahen Baugrube dienen.

© Martin Zeller

Die charakteristische orangerote Fassade entsteht aus gewellten Aluminiumplatten einer Druckerei in Oberwinterthur. Durch drei verschiedenen Profile müssen sie einzeln geschuppt montiert werden. Das Entkoppeln, Schichten und Überlagern von Elementen und Funktionen ist ein weiteres fundamentales Prinzip des zirkulären Bauens und der damit geforderten Flexibilität.

Preise und Publikationen

Der K.118 ist mit dem «Prix Acier 2021» und dem «Holcim Award for Sustainable Construction – Global & European Gold Winner» ausgezeichnet worden. Um das K.118 noch weiter zugänglich zu machen und den Prozess zu begleiten, hat das Baubüro «in situ» das Projekt in enger Zusammenarbeit mit der ZHAW dokumentiert. Daraus entstand die Publikation «Bauteile wiederverwenden – Ein Kompendium zum zirkulären Bauen».

Expomobilia hat ebenfalls bereits einige Projekte in zirkulärer Bauweise umgesetzt. Der niederländische Pavillon an der EXPO 2020 in Dubai beispielsweise bestand aus 90% wiederverwendbarem Material. Mit unserer ISO 20121- Zertifizierung wollen wir stetig nachhaltiger werden und lassen uns auf unserem Weg gerne von Projekten wie diesem inspirieren.

Bauen in Kreisen – ein Ergebnis, das sich sehen lassen kann

Zirkuläres Bauen bringt häufig Mehraufwand mit sich. Das angesprochene Katalogisieren von Material, die stetig benötigte Flexibilität in der Planung und die Materialrecherche erfordern Zeit und Personal. Also wofür das alles?

Dank dieser Bauweise des Kopfbaus in Winterthur konnten 60 Prozent der Treibhausgas-Emissionen und rund 500 Tonnen Primärmaterialien eingespart werden im Vergleich zu einem herkömmlichen Neubau. In Kreisen zu denken, schützt unsere Umwelt und bietet die Möglichkeit, neue kreative Ansätze zu finden. Durch Innovationen wie «Madaster» können Materialien schnell und effizient katalogisiert und Netzwerke aufgebaut werden. Experten und Vorreiterprojekte wie dieses machen es uns möglich, neue Perspektiven zu sehen und die Bauwelt zu revolutionieren.

Zirkuläres Bauen bietet Chancen. Nutzen wir sie!

Wir bauen temporär und nachhaltig

Auch Ihre Projekte setzen wir hochwertig und ressourcenschonend um. So wie die vier Länderpavillons an der Weltausstellung in Dubai!

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