Architektonisches Storytelling und seine Bedeutung

Noch nie zuvor vermochten es effizientes Branding und ein stimmiger Marketingauftritt, die Bedeutung der Architektur szenisch so in den Mittelpunkt zu rücken wie heute. Bauwerke ermöglichen es dem Betrachter und der Betrachterin, in Geschichten über Werte, Errungenschaften oder gar technologische Entwicklungen einzutauchen. Meisterhaft kombiniert, vermögen es architektonische Elemente und eine geschickte Inszenierung, Menschen durch Zeit und Raum zu transportieren, geistige Bilder entstehen zu lassen und kraftvolle Emotionen auslösen.

Obwohl Architektur in der Regel von einer bereits bestehenden Geschichte beeinflusst wird und das Bauwerk als solches genau diese Geschichte kommuniziert, so lässt sich darüber hinaus durchaus eine neue, eigene Geschichte kreieren. Zumeist ist dies der Fall, wenn es die Architektur der Besucherin und dem Besucher erlaubt, beim Betreten eines Raums ein Teil der Geschichte zu werden und in diese, während er sich durch das Gebäude bewegt, einzutauchen. Ein gelungenes Beispiel hierfür stellen die unterschiedlich gestalteten Länderpavillons der Weltausstellung dar, die es vermögen, ihr Gastland wie ein Aushängeschild zu präsentieren. Schon beim Betreten nehmen sie ihre Besucher auf eine einzigartige Art und Weise mit auf die Reise – eine Reise, die die Geschichte jedes einzelnen Landes offenbart.

Die Kunst mit Sprache und Architektur Geschichten zu erzählen

Als Bauherr und Generalunternehmer ist es unserer Aufgabe, diese Geschichte gemeinsam mit Architekten und Designern in räumliche und architektonische Elemente zu übertragen. Dabei gilt es, räumliche Erzählungen zu kreieren und Gebäuden sowie Räumen Leben einzuhauchen. Meist beginnt dies mit der Geschichte, mit der der Kunde an uns herantritt, welche von Designern und Architekten aufgegriffen wird, um im Anschluss daran mit ihren jeweiligen Stilmitteln interpretiert und ganz neu erzählt zu werden. Dieses Storytelling ist der eigentliche Grund, der jedes Projekt einzigartig macht. Alle Bauprojekte beruhen dabei auf ähnlichen Anforderungen, aber das Können, mit der Sprache der Architektur und der Szenografie wirklich neue Geschichten zu erzählen, ist das Geheimnis, das die Meister ihres Fachs von anderen unterscheidet.

Architektonische Markengeschichten für Städte und Unternehmen

Architektonisches Storytelling spielt eine wesentliche Rolle bei der Markenarchitektur von Städten und Unternehmen. Hier ist die Erzählung oftmals von vornherein die wichtigste Quelle der Inspiration, um den architektonischen Entwurf später in die Tat umzusetzen. Einige Marken hauchen ihren Gebäuden die Unternehmensidentität mit architektonischen Details wie etwa dem Grundriss, den Baumaterialien oder den verwendeten Farben ein. Der fünf Milliarden Dollar teure Hauptsitz des Apple-Campus in Cupertino in Kalifornien ist ein gutes Beispiel für die Markenarchitektur, die zeigt, dass ein gut entworfener Firmensitz allein durch seine Ausstrahlung mit seinen Betrachtern zu kommunizieren beginnt.

Der Bilbao-Effekt

Auch Städte suchen nach dieser Art spontaner Verbindung, wenn sie nach „charakteristischen“ Gebäuden Ausschau halten, die ihren Teil zur Geschichte beitragen und ihr einen unverwechselbaren Charakter verleihen, indem sie sich des sogenannten Bilbao-Effekts bedienen. Die spanische Stadt hatte den Architekten Frank Gehry damit beauftragt, eine neue Filiale des Guggenheim-Museums zu entwerfen.

Der Prachtbau entwickelte sich schnell zu einem Wahrzeichen der Stadt und lockte unmittelbar nach seiner Eröffnung im Jahr 1997 mehr Touristen als je zuvor an. Wie „The Guardian“ berichtete, spielten die Besuchereinnahmen die Kosten für das Gebäude in nur drei Jahren wieder ein, und man nimmt an, dass der Stadt durch dass das Museum innerhalb von fünf Jahren über 168 Millionen Euro in die Kasse gespült wurden. Dies ist ein Paradebeispiel dafür, wie ein charakteristisches Gebäude, wenn es gut entworfen und mit Liebe geplant wurde, eine enorm positive Auswirkung auf die Bürger und die Wirtschaft einer Stadt nehmen kann.

Aber Städte und Unternehmen brauchen nicht unbedingt ein Bauwerk vom Format eines Guggenheim-Museums, um eine dramatische architektonische Wirkung mit bleibendem Eindruck zu erzielen. Das „Stücki Village“, ein Einkaufszentrum im „Stücki Park“ in Basel, ist hierfür ein gutes Beispiel. Die semipermanente Bauweise des „Stücki Village“ mit seinen drei Etagen wurde von dem bekannten Architekturbüro Diener & Diener entworfen und von Expomobilia gebaut. Durch seine einzigartige Gestaltung entwickelte es sich zu einem beliebten und vielseitigen Business-Center mit Besprechungsräumen und Co-Working-Spaces, die mit anderen Geschäften, Restaurants und weiteren Unternehmen des Einkaufszentrums ein harmonisches Ganzes bilden.

Von aussen eher nüchtern, besticht die würfelförmige Konstruktion in ihrem Inneren mit viel Holz, das eine warme und wohlige Atmosphäre verbreitet. Die moderne gestaltete Einrichtung und die vielen Fenster verleihen dem Gebäude dabei ein einzigartiges Flair. Und da das Geschäftszentrum des Stücki Village überwiegend von der Life-Sciences-Gemeinschaft und mehreren Arztpraxen genutzt wird, ist dies genau das Ambiente, welches vermittelt werden sollte und die das Stücki Village zu einem starken Branding-Tool macht.

Ereignis- und anlassbezogenes Storytelling

Dass Geschichten regelmäßig den Bau oder den Entwurf anlassbezogener Gebäude inspirieren, zeigt sich wunderbar anhand des Beispiels des erst kürzlich fertiggestellten Mehr! Theaters in Hamburg. Das Theater wurde eigens für die sehnlichst erwartete Deutschlandpremiere von „Harry Potter und das verwunschene Kind“ errichtet, die für Ende 2021 geplant ist. Zu diesem Anlass wurde ein runder 1.660 m² großer semi-permanenter Theaterpavillon mit einer Fläche von 1.660 Quadratmetern errichtet, um der einzigartigen Magie des Harry-Potter-Universums eine Bühne zu geben. Bei dem Gebäude handelt es sich um eine Holzkonstruktion, die mit einer wellenförmigen Aluminiumfassade verkleidet wurde und die an eine überdimensionale silberne Flugscheibe erinnert. Das schon jetzt als ikonisch geltende Gebäude stieß in der Architekturgemeinde auf allgemeine Anerkennung.

Die Jury des BDA Hamburg Architekturpreises 2020 des Bundes Deutscher Architekten feierte das Gebäude als einen „magischen Ort“ mit einem Stil, der „gemütlich, schrullig, spartanisch und doch voller Charakter“ sei, und verlieh ihm im Wettbewerb prompt den ersten Preis. Ein Beweis dafür, dass ein Gebäude den magischen Geist einer Geschichte verkörpern kann. Doch auch beim Bau von Pop-up-Markenräumen für Veranstaltungen bieten sich Gelegenheiten, Geschichten mithilfe der Architektur zum Leben zu erwecken.

Dies ist zum Beispiel bei Sportveranstaltungen gängig, bei welchen Sponsoren Pavillons, VIP-Lounges und Markenerlebnisse für ihre Teilnehmer und Zuschauer errichten. Eine Markenkonstruktion, der es spielerisch gelingt, das Storytelling gekonnt mit Bildern, Farben und Werten der Sponsormarke in Szene zu setzen. Ein Beispiel hierfür ist der Kennedy-Pavillon in Melbourne, der für den „Spring Racing Carnival“ im Jahr 2019 errichtet wurde und bei dem Expomobilia als Generalunternehmer fungierte. Bei dem Pavillon der Kennedy Luxury Group, der vom Architektenteam des La Cellula Lab entworfen wurde, handelt es sich um ein aufwendiges, modulares Gebäude, das innerhalb von fünf Jahren mehrmals auf- und wieder abgebaut werden wird – eine durchdachte Strategie, die eine Fertigung und Montage von höchster Qualität erfordert.

Qualität, die Hand in Hand mit dem Branding der Kennedy-Gruppe geht und bei dem edle Materialien wie Holz, Leder und Messing dem Pavillon ein außergewöhnliches Rennstallambiente verleihen und dem Besucher das Gefühl vermitteln, ein luxuriöses Clubhaus zu betreten. Der zweistöckige Pavillon erfüllt dabei gleich mehrere Zwecke. Im Erdgeschoss befinden sich die „Exhibition Of Wonders“ (eine Ausstellung von Luxusuhren), eine Lounge und eine Bar. Im ersten Stock erwartet die Besucher eine Terrasse mit Blick auf die Rennstrecke, die als „Millionaires› Row“ bekannt ist. Insgesamt verkörpert der Pavillon die Eleganz des Pferdesports und spiegelt die Werte und Traditionen der Marke wider – eine perfekte Verschmelzung der Welten, die auf den ersten Blick deutlich zu erkennen ist.

Der nächste Schritt: Szenografie und sensorische Elemente

Obwohl der Kennedy-Pavillon bereits ein hervorragendes Beispiel dafür ist, wie Kunst Einfluss auf Raum und Architektur nehmen kann, so kann man bei manchen Veranstaltungen noch einen Schritt weiter gehen. Kommen Szenografie und sensorische Elemente hinzu, so ist das Ergebnis für die Besucher oft tiefgreifend und emotional.

Ein hervorragendes Beispiel hierfür stellt der Schweizer Pavillon dar, der für die Expo 2020 in Dubai (die jetzt 2021 stattfindet) errichtet wurde. Das Konzept des Schweizer Pavillons basiert dabei auf dem Begriff „Spiegelungen“, der bei der Konstruktion des Pavillons sowohl auf physikalischer als auch auf mentaler Ebene zum Tragen kommt. Von außen präsentiert sich der Pavillon als kubischer Baukörper mit einer großen Spiegelfassade mit umgekehrtem Schriftzug und einer Spiegelung des Schweizer Kreuzes im Dach der modularen Konstruktion. Der Eingang des Gebäudes erweckt den Eindruck einer Kristallhöhle, in der eine neblige Steigung die Besucher auf eine von den Alpen inspirierte Wanderung mitnimmt, die am Gipfel eines Schweizer Hochgebirges mit Panoramablick ihren Höhepunkt findet.

Das nahezu reale Wandererlebnis, bei dem die Besucherinnen und Besucher während ihrer Wanderung eine dichte Nebeldecke durchschreiten, ermöglicht ihnen eine einzigartige Sinneserfahrung, die ihnen zudem die Möglichkeit der Reflexion bietet und die einen Perspektivenwechsel verkörpert. Diese räumliche und szenografische Erfahrung versetzt die Besucherinnen und Besucher in das Herz der Schweizer Geschichte und weckt eine starke emotionale Verbindung zur Alpennation Schweiz. Ein gelungenes Beispiel für eine temporäre Veranstaltungsstruktur, die ihr volles Potenzial durch das Storytelling Wirklichkeit werden lässt.

In dieser Form erreicht das architektonische Storytelling seinen Höhepunkt. Wir von Expomobilia sind davon überzeugt, dass eine solche Sinnesreise ein starkes Medium ist, um bei den Besuchern einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen und wir bemühen uns darum, diesen Geist in alles, was wir schaffen, einfliessen zu lassen.